Kann es sein, dass es wieder Hipp geworden ist darauf zu bestehen gesiezt zu werden? Woher kommt das, das Leute sich sichtlich beleidigt fühlen wenn man es wagt ihnen auf Augenhöhe zu begegnen und sie zu duzen?
@thomasmey Auf der Straße, irgendwelche Autifahrer die plötzlich gesiezt werden wollen (vermutlich weil sie nicht von so niederen Fußgängern angesprochen werden wollen).
@343max Leute duzen Dich auf Arbeit, damit sie Dir leichter ungerechtfertigte Aufgaben rüberschieben können. Ich würde wirklich gerne gesiezt werden und dafür die Hemmschwelle senken, mich zu missbrauchen. Aber meine Firma ist eine explizite Duz-Firma, die Stolz darauf ist und einen Firmenfamilien-Kult pflegt.
@n_to Die Leute duzen dich auf Arbeit, weil man das halt so macht. Siezen ist ein Zeichen von Unterwürfigkeit, der untergeordnete siezt die in der Hierarchische höherstehende Person.
@343max Bei meinem ersten Job haben sich alle gegenseitig gesiezt, egal welche Hierarchie. Das war aber auch eine Rechtsabteilung in einer klassischen deutschen Firma. Fand ich eigentlich ganz OK so. Duzen war dort den echten Freundschaften vorbehalten.
@Schrecke Aber was genau bringt dich denn in eine Position, dass dich andere zu siezen hätten? Das letzte Mal, das ich eine Einsicht für das sie-du Gefälle hatte das mir jemand aufzwingen will war in der Schule.
@343max ja, vorallem der Generation u30 ist das _sehr schwer_ abzugewöhnen. Ich mach mir dann immer nen Spass draus.
„Warum siezt du mich?“
„Ist eine Sache des Respekts.“
„Seit wann ist Respekt eine Einbahnstraße?“
Gibt da mehrere Ursachen. Zum Einen ist es eine Nebenwirkung der Gerontokratie, zum Anderen der generell rauher gewordene Umganston. Das funktioniert wie die Replysiezer; Oberflächlich sieht es nach Anstand aus, der Subtext dabei ist aber immer übelste Verachtung.
@n_to Ich finde es extrem unhöflich, wenn Leute auf ein „Sie“ bestehen. Dieses „von Leuten wie die lasse ich mich doch nicht wie ein gleichberechtigter absprechen“ finde ich sehr ekelig.
@Schrecke Na du beleidigst zurück, indem du auf ein sie bestehst, und damit dem Gegenüber signalisierst unter dir zu stehen.
Es gibt genug Umgebungen in denen Sie noch immer normal ist. Da wird gefälligst auch der niedrigste Azubi oder Praktikant mit Sie angesprochen. Das hat nichts mit "Gleichberechtigter" vs. "Untergebener" zu tun.
Die Hirarchie kommt erst ins Spiel wenn die Frage lautet wer denn das "Du" anbieten darf. (Und Alter ist da meist eher wichtig als z.B. Job - der 28-jährige Geschäftsführer vs. 62-jähriger Pförtner? Interessante Situation!)
Aber kenne genug Leute/Firmen die sich entweder mit "Du, Frau Müller?" oder "Heinz, können Sie…" ansprechen.
Man sollte nicht unterschätzen wie viel an sozialen Normen an Gewöhnung hängt. Wenn dir das komisch vorkommt, liegt es meist zu großen Teilen eher daran dass du anderes gewohnt bist.
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@dat Gibt es diese Umgebungen wirklich noch? In meinen über 25 Jahren Arbeitsleben kann ich mich an eine Organisation erinnern, in der genau eine Person gesiezt wurde. Ansonsten war es immer ausnahmslos die Regel, das geduzt wurde. Ich arbeite derzeit frei für einen konservativen DAX Konzern. Das wird auch der CEO von allen nur mit Vornamen angesprochen oder erwähnt (ich kenne seinen Nachnamen nicht mal). Das ist doch schon lange die Regel.
@dat Welche Umgebungen sind das denn, in denen noch gesiezt wird? Vermutlich ist das einfach alles way above my pay grade.
@dat Handwerker Firmen? Was stellen die her? Fabergé-Eier?
@thomasmey Ich verstehe ein wenig was du meinst, aber es klingt mir eher so als wären die Leute eher sauer, weil sie wieder in Büro müssen und nicht so sehr weil sie ihre Kollegen jetzt Duzen sollen. Für mich ist ja eher die Frage: wie konnte sich das siezen so lange halten? Und wie bekommt ihr das mit dem Deutsch/Englisch switc hin?
@343max Ich hatte einen Deutschlehrer, den ich sehr mochte und zu dem sich nach meinem Abitur sowas wie eine Freundschaft entwickelte. Er siezte mich weiter und meinte irgendwann: "Wissen Sie, ich hasse dieses distanzlose Du. Unter meinen Freunden befinden sich mehr Menschen, die ich Sieze als ich Duze."
Es ist also nicht für alle eine Macht- oder Hierarchiefrage, manche sehen das "Sie" eher als Schutzraum. Und häufig einfach eine Kulturfrage: Juristen siezen eher, ITler duzen fast immer.
@n_to Ich verstehe das mit dem "Schutzraum" ehrlich gesagt nicht. Wovor schützt ein "Sie" dem mich ein "Du" ausliefern würde? Und dieser Deutschlehrer würde ja sicherlich nicht erwarten an der Kasse im Supermarkt plötzlich gesiezt zu werden, oder? Polizisten siezen einen ja in erster Linie um Stress auszulösen weil man gerade in einer potentiell problematischen Situation ist.
@343max Vielleicht ist das ein Ost-West-Ding? Oder Nord/Süd?
Hier in Bayern wäre ich jedenfalls sehr verwundert, wenn ich an der Kasse nicht gesiezt würde und käme auch nie auf die Idee, die Person zu duzen. Auch im Kindergarten bestanden die Erzieher:innen darauf, von den Eltern gesiezt zu werden, weil ihnen die Distanz wichtig war.
(Der Deutschlehrer erwartet leider gar nichts mehr, er starb vor 10 Jahren - die Geschichte ist auch schon etwas älter. Vielleicht ist es ein Generationenthema.)
@n_to Im Kindergarten haben wir uns mit den Erzieher:innen geduzt, wir kannten die Namen ja nur von den Kindern, und ich glaube das fanden alle auch gut so. Ab der Schule wurden die Lehrer dann gesiezt, ich habe das unter angestaubt und merkwürdigen Respekt-Denke verbucht. Im Supermarkt finde ich es eine Frage der Höflichkeit zu duzen. Wenn ich frage ob mir geholfen werden kann käme es mir sehr merkwürdig vor, da erst mal noch eine verbale Hierrarchie einzuziehen.
@343max Ich habe das mal hier als Umfrage gepostet: https://social.tchncs.de/@n_to/114166307341259253
Bislag liegt Siezen klar vorne. Jetzt ist mein Fedi-Umfeld mutmaßlich in dieser Frage ähnlich drauf wie ich. Vielleicht magst Du die Umfrage ja teilen, ggf. kippt es durch Dein Umfeld in die Gegenrichtung.
@343max @n_to Nein, die klassischen Deutschen Spielregeln sind hier eigentlich ganz klar: alle Menschen über ca. 18 Sietzen sich. Ein Du muss man sich über eine gemeinsame Beziehungsebene erarbeiten.
Das kann man ändern wollen, muss dann aber halt damit rechnen dass recht viele dafür kein Verständnis haben.
Bei uns wird ein ungefragtes „Du“ oft als übergriffig empfunden. Kann man doof finden, aber den Leuten geht es halt so.
@rstockm @n_to Ich finde das merkwürdig und es stimmt überhaupt nicht mit meiner Lebenserfahrung überein. In meinem lieblings-Bibimbap-Laden begrüßt mich der Besitzer mit "Hallo Max!" und ich antworte "Hallo Max!" und ich wäre niemals auf die Idee gekommen den zu siezen oder von ihm gesiezt werden zu wollen.
@rstockm @n_to Mein Bauchgefühl: ich sieze jemanden, wenn ich mich tendenziell unwohl fühle: Polizei, Grenzkontrolle, Ärzte, Ämter, Bank. Sobald ich irgendwo eher gerne bin würde ich duzen und auch davon ausgehen geduzt zu werden. Wenn ich im Restaurant gesiezt werde nehme ich das tendenziell als Zeichen, dass das ein sehr formeller Laden ist der mich eigentlich nicht als Kunden will.
@343max Was mir bei Deiner Diskussion hier auffällt: Dass Du für Dich die T-V-Distinktion stark an Hierarchie* festmachst. Der Widerspruch kommt aber mehr von der anderen Achse Nähe: Distanz vs. Intimität.
* Wobei das natürlich auch ein Aspekt ist. Andersherum kann Dein Default-Duzen auch als Hierarchie, nämlich von oben herab interpretiert werdem.
@ttepasse Hat denn ein du was mit Intimität zu tun? Du bist z.B. auf einer Party und sprichst zum ersten mal mit jemandem: niemand würde in so einer Situation siezen, obwohl null Intimität da ist. Trotzdem stellt man sich immer mit seinem Vornamen vor.
@343max Eine Party ist auf der Achse intimer als an der Supermarktkasse, bei der Zahnärztin, der Klempner, der Dozent, oder die ältere Nachbarin von oben. Auf einer Party ist man quasi gleich alt, kennt sich oder kann erwarten, dass die meisten über n degrees of separation im gleichen Milieu sind.
@ttepasse "Gleiches Milleu" und "quasi gleich alt" sind dann aber doch deutlich mehr Hierrachie als Intimität.
@343max Nehme ich nicht so wahr.
@343max @cjk @rstockm @n_to Das You ist bereits die Höflichkeitsform. Das informelle Thou wird nicht mehr verwendet. Im Englischen gibt es durch die Verwendung diverser Hilfsverben und Floskeln eine Unterscheidung formeller und informeller Anrede.
Im Deutschen kommt es noch auf den Sprachraum an. Münchener Du: „Frau Meier, kannst Du mir bitte XY mitbringen?“ und Hamburger Sie: „Betina, wissen Sie, was die Kondome kosten?“
@musevg Du hast eine komplett eigene Anrede mit eigener Gramatik nur um in einem Gespräch klar zu machen, dass du eine noch größere Distanz zu deinem Gesprächspartner haben willst als eh schon gegeben ist. Scheint mir ziemlich aufgesetzt und künstlich zu sein.